Nachdem es viele Wolken beim Überfliegen von Florida gab – die Sicht auf Miami war frei.
Ich wusste, dass es die ersten Tage kalt sein würde, das hatte der Wetterbericht vorausgesagt . Aber sooooo kalt… Als ich draußen am Flughafen wartete, war ich froh, 2x Merino, 1x Fleece und meine neue superleichte Outdoorjacke anzuhaben. Und Claudias gewalkten Nierenwärmer. Scheint für Florida etwas übertrieben – aber nachts waren es dann tatsächlich nur 9 Grad. Sehr ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Auch in der Wohnung ohne Heizung war es sehr kalt. Moksha trug die Sachen, die wir gemeinsam in Deutschland gekauft haben, die sie sonst in Florida nicht trägt. Für die langsame Akklimatisierung ist das ja aber gar nicht so schlecht.
Auch wenn ich sehr müde war – natürlich wollte ich die Koffer auspacken mit all den Mitbringseln. Immer ein wenig verrückt – aber auch soooooo schön. Mokshas „Bestellungen“ und alles das, was mir so eine Freude macht mitzubringen. Da die Tees ohne Umverpackungen nicht so viel Platz wegnehmen, sah es beim Zusammensammeln wahnsinnig teelastig aus…
Am nächsten Tag hatte Moksha einen Arzttermin eine Stunde nördlich von Delray Beach. Natürlich wollte ich mit, was für eine Frage. Ich bin doch so gerne unterwegs. Was auch hieß „mit ins Behandlungszimmer“. Peter meinte, ich sei „the alternate care giver“, ich müsse auch alles wissen…
Bevor der Rest des Tages in „shopping until you drop out“ endete (ich habe es allerdings ohne Schlafen wieder bis nach Hause geschafft!), waren wir in einem Park spazieren. Nicht ohne zuerst Mokshas Picknick zu essen. Ich liebe es, wenn sie den Tag beginnt mit: „for lunch we will have: veggi-burger-sandwich wich mayionese, salat, roastet pumkinseeds,eggs for Elke, Mandelhörnchen, … For dinner: …“ So oder so ähnlich beginnt fast jeder Tag. was für ein Geschenk!
Das war ein vollenr erster Tag, der mich sehr schön vom Jetlag abgelenkt hat.
Und es war ein Sofort-Eintauchen in mein Florida-Zuhause. Angekommen!
In diesem Jahr haben sich meine Körpersymptome von Monat zu Monat verstärkt. Die Idee, mal wieder Cortison (Cortisol ist ein körpereigenes Steorid, Cortison ein Medikament, das die Cortisolproduktion anregt… Also das mal ganz kurz zum laienmäßigen Verständnis der Zusammenhänge) zu nehmen hatte ich schon länger – und als dann kurz vor Abreise die Schmerzen für mich „zu viel“ wurden, habe ich es getan – eine kurze Stoßtherapie bis auf 5mg runter. Damit geht es mir viel besser.
Moksha hatte vor einigen Wochen eine Cortison-Stoßtherapie der heftigen Art zu überstehen: von 500mg auf 5. Das ist der Wahnsinn, so war es wohl auch zu spüren.
Was wir nun gemeinsam haben: Wir nehmen beide 5mg Cortison/Steroide. Wissen beide um die Wirkungen und Nebenwirkungen. Wobei mir die Vorstellung der Nebenwirkungen bei 500mg fast außerirdisch scheint. Das Erleben von Moksha während und nach diesen Tagen gibt mir eine kleine Idee davon…
Als ich Moksha fragte „Wie könnte denn mal unser Blog heißen?“ war die spontane Antwort: SNOT on steroides! Deshalb nun dieser Blog-Titel!
Als ich den Flug nach Florida buchte, nahm ich noch keine Steroide! Beim Durchklicken der Buchung las ich irgendwo: „Kann keine längeren Strecken oder Treppen laufen“. STIMMT, vor allem mit Gepäck., oder nach langem Sitzen. Das Kreuz an dieser Stelle machte Sinn. Als ich beim Abflug in Hannover dann gefragt wurde, ob ich jetzt einen Rollstuhl brauche, war ich kurz erschrocken. Aber klar, was sonst würde eine Fluggesellschaft tun, wenn jemand sagt: „kann nicht lange Strecken oder Treppen laufen“, als einen Rollstuhl zur Verfügung stellen. Nur, dass es mir nun so viel besser ging, dass ich da nicht mehr dran gedacht hatte. Nun war diese „Option“ nicht mehr aus dem System zu nehmen, wir verständigten uns aber darauf, dass ich in Hannover zum Gate laufen würde. Für die 55min in Frankfurt zum Umsteigen fand ich die Idee „gefahren zu werden“ auch gar nicht so doof. Nach dem langen Sitzen im Flugzeug, an dem ewigen USA-Einreise-Stop-and-Go auf dem Flughafen in Miami vorbeigeschoben zu werden – gute Idee. So wartete ich, wie mir gesagt wurde, in Frankfurt im Flugzeug bis alle ausgestiegen waren, weil ich ja abgeholt werden sollte. Es kam aber keiner. Und auf Nachfrage wusste auch niemand Bescheid. Mist – so werden 55 Minuten noch kürzer… Wie gut, dass ich selber laufen konnte, auch die lange Strecke bis zum nächsten Gate – da konnte ich gleich weiter ins nächste Flugzeug laufen.
Ich saß kaum, da kam eine sehr freundliche Stewardess um sich zu erkundigen, ob ich diejenige sei, die einen Rollstuhl braucht. Ich sage euch, die Sache mit dem Rollstuhl ist für mich wirklich heftig. (Das einzige Mal, dass ich mich in so ein Ding gesetzt habe, weil ich wirklich gar nicht mehr laufen konnte, war in einem Museum in Washington. Moksha sagte nur: „Sit down and be quiet!“ Aiaiai, eine Erfahrung der besonderen Art. Sehr spürbar „Special Needs“.) Meine Versuche der Stewardess zu erklären, dass es im Moment gar nicht so schlimm ist, ich könnte schon… nutzen nicht wirklich. Sie riet mir, es einfach so zu machen „wie gebucht“. Die Wege in Miami seien ja nun wirklich weit und das ganze Einreisegedöns… Ok, ich gab mich diesem von mir selber angekreutzen Schicksal hin. Die Atemschutzmaske (die ich hauptsächlich trage, um Moksha keine Keime aus dem Flugzeug mitzubringen/inzwischen aber auch, weil ich keine Giftstoffe aus dem Flugzeug einatmen möchte) ist für diesem Zweck ganz hilfreich. Damit wird man schnell als „special needs“ erkannt und in Ruhe gelassen…
In Miami dann standen 3 Rollstühle „neben“ dem Flugzeug. Namen sagen, hinsetzen, bis vor den nächsten Aufzug geschoben werden. Da standen wir nun, die alte Frau aus der Karibik, mit ihrem pinken kurzen Bademantel und den nackten, ewig barfußgelaufenen Füßen in FlipFlops, und ich. Sie war mir schon in Frankfurt aufgefallen – tolle Person. Leider sprach sie kein Englisch und lächelte nur freundlich, als ich mit ihr reden wollte. Wir standen dort nämlich länger, und zwar NUR wir. HALLOOOOO – habt ihr uns vergesssen? Vielleicht besser: HOLAAAAA – weil hier sprechen fast alle Spanish. Vor allem die Rollstuhlschieber. Nach 20 min oder so kam dann nämlich doch einer, und wie auch immer er das gemacht hat, er hat uns beide gleichzeitig geschoben. Handgepäck auf die Fußstützen und los gehts. Ich war etwas beunruhigt. Weil, wenn ich Oma schiebe und mal kurz nur eine Hand benutze um auf mein Handy zu gucken, fährt der Rollstuhl immer verdächtig nah fast in die nächste Hecke! Aber für professionelle Flughafenrollstuhlschieber ist das natürlich keine Problem. Es mich nicht wundern, wenn der auch noch gleichzeitig auf sein Handy geguckt hat.
Und natürlich gibt es für Leute im Rollstuhl einen „Special Needs immigration counter“. Steht sogar dran. Ganz links, neben den ca. 50 anderen. Ohne Fragen am Computer zu beantworten der dann so einen „Slip“ ausdruckt auf dem neben dem Foto ein Kreis mit einer Prozentangabe abgebildet ist, wieviel „verdächtig“ ich für die Einreise bin. Ich bin immer schon deshalb „mehr“ verdächtig, weil ich angebe, dass ich „food“ dabei habe. Aber, dem war ich ja nun entgangen, bzw. entschoben. Der „officer“ schob mir den Fingerscanner auf Rollstuhlhöhe „4 Finger rechte Hand gleichzeitig“ – hä, der sprach doch gerade noch spanisch mit dem Kollegen. „Any foods?“ „Yes, of course, Christmas cookies, Marzipan, Spekulatius, Kekse aller Art!“ „Okeee, sounds good!“ More than 1000$ cash?“ „No!“ „Schönen Aufenthalt in den USA!“ „Danke!“ Das war so schnell wie nie!
Jetzt dachte ich aber ich könne nun wirklich laufen. Kam aber nicht dazu. (Das ist auch gut so. Peter hat mir erzählt, dass die Menschen, die direkt nach dem Einreiseschalter aufstehen, hier „Spontangeheilte“ heißen… Es gibt wohl einige Leute die diesen „Service“ nutzen, um als sonst laufender Mensch schneller durch die Immigration zu kommen…) Mein Koffer rollte schon auf dem Band. Er hatte in Hannover einen „Priority- Aufkleber“ bekommen… Inzwischen hatte ich eine spanischsprechende Rollstuhlschieberin die mir versuchte zu erklären, dass ich bitte meinen Koffer festhalten soll, sie würde uns dann schieben. Sorry, aber das kann ich tatsächlich nicht, meiner Schulter möchte das nicht… Und außerdem ließ sich das Kofferschiebeding nicht ausfahren. Und dann – tataaaa – stand ich auf und der Koffer kam in den Rollstuhl 🙂 Super Lösung. Und die langen Schlangen vor den Fahrstühlen konnte ich mit einer Einheimischen auch umgehen. Da stand ich draußen, an der Tür 28 im Bereich J. 45 Minuten nach der Landung. Wow – das war super schnell. Und kurz darauf kamen Moksha und Peter. Vom Warten im „cell phone parking“ geht es immer ganz schnell zu den genauen Tür-Warte-Angaben.
Unsere Reisepläne in diesem Jahr sind mehrfach Pläne geblieben…
Moksha war im Mai/Juni in Hannover. Da wir in diesem Jahr für den Sommer in den USA „große Reisepläne“ hatten, haben wir in Deutschland kleine Touren gemacht. Auch um Geld zu sparen.
So sollte es im August zuerst zu den „Transplant Games of America“ in Salt Lake City gehen. Das ist sowas wie eine Olympia für Organtransplantierte bzw. -spender. (Moksha und Peter sind hier schon vor 2 Jahren beim Ballroom dancing angetreten und habe eine Silber-und eine Bronze Medaille gewonnen!) Dann sollte es nach Kalifornien gehen, einen Freund besuchen. Und weiter zurück nach New York/Connecticut, Peter beim Arbeiten begleiten/Mokshas Mutter besuchen.
Plötzlich war alles anders – Moksha ist sehr spontan bei WildQuest – den „Delfinschwimmern“ auf den Bahamas, als Köchin eingesprungen. Für 7 Wochen. Ok, ok, ich bin ja auch spontan, die Idee 2 Wochen auf den Bahamas zu sein, ein paar Stunden am Tag mit Moksha zu verbringen, hörte sich auch gut an. Danach hätten wir dann Zeit zum Reisen gehabt. Nicht so weit, aber gemeinsame Zeit. So war das Bett bei einer Feundin auf der kleinen Bimini Insel organisiert, ein Fahrrad und ich hatte Ideen, wie ich 2 Wochen ohne Delfinschwimmen auf diesen Miniinseln verbringen würde.
Dann wurde meine Mama sehr krank, kam von jetzt auf gleich ins Krankenhaus. In den 5 Wochen die sie dort war, habe ich vor allem die Wochenenden mit ihr verbracht. Meine Abreise kam immer näher, eine Woche vorher habe sie abgesagt, die Flüge storniert. Das war auch gut so, kurz darauf ist Mama gestorben und ich konnte bei ihr sein…
Nun war Moksha ganz spontan und wollte zu mir kommen. Ein paar Wochen später, gerade aus Bimini zurück, in Florida von ihren sehr anstrengenden Arbeitswochen erholt, Koffer gepackt, zu ihrer Mutter nach Connecticut gefahren um dann von New York City zu mir zu fliegen… Kaum 24 Stunden vor Abflug hat sie ihren Flug abgesagt – etwas stimmte mit ihren Lungen nicht. Das musste untersucht und behandelt werden. An Reisen in diesem Zustand nicht zu denken.
MANNO! Ein „Special Needs Moment“ der heftigen Art. Von einem zum anderen Moment ist alles anders. Alle Gefühle von Enttäuschung, Wut, Machtlosigkeit, Angst werden für einen Moment ganz stark, um dann in ein „What to do – so ist es – we take it as it is“ verwandelt zu werden. Moksha kennt das schon ihr ganzes Leben, ich werde immer „besser“ darin. Und wir wissen, wir werden uns sehen, wenn nicht jetzt dann bald.
Erst dachten wir noch, Moksha kommt dann bald. Aber ihre Lungenbehandlung brauchte Zeit. Dann war klar: ich würde zu ihr reisen. Ich entschied mich meinen Geburtstag, Weihnachten und Silvester „drüben“ zu verbringen.
Es gab tolle neue Pläne – Yuhuu, von Reisen dahin wo es Verwandte gibt und günstige Flüge, Besuch der Art Basel in Miami (eine große Kunstausstellung), Tagesreisen innerhalb von Florida, meinem Geburtstag am Strand undundund – ein paar Tage bevor ich losflog bekam Moksha die Info, dass ihre Lungen noch immer ein Problem haben. Dieses muss nun in „ihrem“ Krankenhaus in Durham/North Carolina behandelt werden.
Dieser Plan scheint es nun zu sein. Peter fliegt arbeiten, wir fahren mit dem Auto 12 Stunden weiter nördlich in die Klinik.
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